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Der Favoritenrolle gerecht geworden
Das Erreichen des Pokalfinals stand zu Saisonbeginn auf Almedin Civas Wunschzettel weit oben. Und diesen Wunsch erfüllte seine Mannschaft mit dem letztlich souveränen Halbfinalsieg über den MSV Neuruppin. Im Volksparkstadion sahen über 1.000 Zuschauer bei frühlingshaftem Sonnenschein ein typisches Pokalspiel, in dem der Underdog lange Paroli bot, letztlich aber doch dem Klassenunterschied Tribut zollen musste.
Lange hat kein Spiel mehr so viele Babelsberger hinter dem heimischen Ofen hervorgelockt. Insgesamt weit über 600 Fans versammelten sich im Gästeblock des insgesamt 5.000 Zuschauer fassenden Leicht-Athletik-Stadions. Mehrere Fanbusse machten sich aus Babelsberg auf den Weg, hinzu kamen Bahnfahrer und individuell anreisende Nulldrei-Sympathisanten aus allen Himmelsrichtungen. Bereits am Einlass hatten die Gastgeber mit den Zuschauermengen zu kämpfen. Etliche Nulldreier prellten den MSV um das ihm zustehende Eintrittsgeld. Wenn man bedenkt, dass die Tarife mit sechs bzw. fünf Euro durchaus moderat ausfielen und man in Babelsberg in früheren Zeiten Respekt gerade gegenüber kleineren Vereinen (wie unserem) forderte, ein Armutszeugnis. Aber so ist das wohl in der ultramodernen Welt.
Almedin Civa musste auf Andis Shala verzichten, der im Viertelfinale bei Optik Rathenow Rot gesehen hatte. Außerdem fehlte Leo Koch nach Schulter-OP und Tobi Dombrowa, der am Vormittag mit der A-Jugend gegen Energie Cottbus spielte und einen 1:0 Heimsieg feiern konnte. Lukas Wilton bekam eine Pause, für ihn begann Lukas Knechtel auf der Linksverteidiger-Position. Die Innenverteidigung organisierten Akdari und Eglseder, rechts verteidigte Masami Okada. Die Doppelsechs bildeten Sven Reimann und Kapitän Philip Saalbach. Davor agierte eine offensive Dreier-Reihe mit Nader El-Jindaoui, Farid Abderrahmane und Tino Schmidt, Apo Beyazit bildete die nominelle Spitze.
Der SVB begann stark und setzte die Gastgeber schnell unter Druck. Aber erste Ecken und Freistöße brachten zunächst nichts Zählbares ein. Nach einer Viertelstunde befreiten sich die in Weiß spielenden Neuruppiner zusehends. Sie gewannen mehr Zweikämpfe und konnten sich auch offensiv entwickeln, während die Nulldreier gedanklich und physisch zu langsam agierten. Erst in der Schlussphase des ersten Durchgangs hatte der SVB wieder die Spielkontrolle und kam mit dem bis dahin schönsten Angriff vor der Pause fast zum Führungstreffer. Okada und Beyazit schickten Abderrahmane mit schnellem Passspiel durch die gegnerischen Reihen auf den Weg, der Schmidt gekonnt in Szene setzte. Den Abschluss parierte der Schlussmann der Gastgeber glänzend.
Mit Beginn der zweiten Halbzeit brachte Almedin Civa Manuel Hoffmann für Okada, dessen Position Eglseder übernahm. Saalbach rückte in die Innenverteidigung, Abderrahmane auf die Doppelsechs und Schmidt ins Offensiv-Zentrum. Die Umstellung zeigte sofort Wirkung. Zunächst scheitertet Hoffmann von links. Dann wurde El-Jindaoui im Halbfeld zu Fall gebracht. Den fälligen Freistoß brachte Hoffmann mit Schnitt nach innen und Eglseder markierte mit perfekt getimtem Kopfball die Führung für den SVB. Nur wenige Minuten später nutzte Hoffmann nach einem langen Schlag von Gladrow einen Fehler der unsortierten Hintermannschaft des MSV zum zweiten Babelsberger Treffer.
Damit waren die Messen im Wesentlichen gesungen, wenn sich auch Neuruppin zu keinem Zeitpunkt aufgab und in der Schlussviertelstunde zu zwei gefährlichen Abschlüssen kam. Bei einem Kopfball hatte der auf der Linie verharrende Gladrow Glück, dass das Spielgerät genau in seine Arme platziert wurde. Bei einem freien Abschluss des MSV-Torjägers Weckwerth aus kurzer Distanz parierte Gladrow hingegen herausragend. Am Ende stand ein verdienter Sieg auf der unterhaltsamen Anzeigetafel und die Qualifikation fürs Halbfinale. Sportlich war es ein souveräner Auftritt gegen einen engagierten Gegner.
Bedauerlich waren schließlich die überflüssigen Provokationen der örtlichen und zugereisten Neonazis und sonstigen Trottel. In unmittelbarer Nähe zum Gästeblock wurde offensichtlich der sogenannte Hitler-Gruß gezeigt. Zwei, drei mehr oder weniger Minderbemittelte gelangten nach Abpfiff in den Innenraum und suchten dort die Auseinandersetzung mit Babelsberger Ordern. Frühere Gelassenheit im Umgang mit offensichtlich nicht satisfaktionsfähigen Mitbürgern gehört heute offensichtlich nicht mehr zum Babelsberger Habitus. „Smarter than you!“ war augenscheinlich gestern.
Das Rückspiel gegen Energie Cottbus zeigte wieder einmal, welchen Unterhaltungswert Fußball im Karli haben kann. In einer spannenden Partie hatte der SVB schließlich das bessere Ende auf dem Platz für sich. Andis Shala und Apo Beyazit in der Nachspielzeit besorgten die Treffer zum 2:1 Heim-Erfolg für Nulldrei. Der Equipe gelang der Einstieg in einen versöhnlichen Saisonabschluss mit vier Dreiern in Folge. Hätten die Blau-Weißen alle Spiele so ernst genommen wie die Begegnung mit den Lausitzern, wäre in der Meisterschaft mehr möglich gewesen.
Vier Jahre lang betreute Cem Efe die erste Mannschaft des SVB als verantwortlicher Trainer in der Regionalliga. Nun hat Cem Efe festgestellt: „Ich habe andere Ziele.“ Das ist in gewisser Weise ebenso erfreulich wie erstaunlich. Im Frühjahr 2015 verlängerte der gebürtige Berliner unter deutlich schwierigeren Vorzeichen seinen Vertrag am Babelsberger Park und erklärte: „Nach Babelsberg gibt es nicht viel, was reizvoll für mich ist.“
Kürzlich teilten die Stadtwerke Potsdam GmbH (SWP) auf Anfrage von Potsdamer Medien mit, dass Sponsoring-Leistungen der SWP Tochter Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) an die drei größeren Leistungssportvereine SC Potsdam, Turbine Potsdam und Babelsberg 03 neu verteilt werden. Insgesamt werden durch den Stadtkonzern und seine Energieversorger-Tochter – ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Energieversorger E.DIS - jährlich rund 750.000 Euro für Werbemaßnahmen im Sport und in der Kultur ausgegeben. Außerdem würden vermehrt Anfragen auf Förderung aus den Bereichen Soziales und Umwelt gestellt, denen man zukünftig gerecht werden wolle.
Die Babelsberger Traditionssportstätte Sandscholle – Heimstätte der Babelsberger Nachwuchsabteilung - soll zugunsten eines neuen Grundschulstandortes geschliffen werden. Die Fehleinschätzungen der Stadtpolitik zur Bevölkerungsentwicklung und die verfehlte Strategie, Haushaltsdefizite vergangener Jahre durch Verkauf kommunaler Immobilien zu decken, werden nun zum teuren Bumerang. Leidtragende sind Vereins- und Freizeitsportler in Babelsberg. Jammern hilft jedoch nicht – es gilt das Beste aus der Situation zu machen.
Nach fünf Meisterschaftspartien platziert sich der SVB in der Regionalligatabelle mit neun Punkten auf Rang 7. Dem Meisterschaftsdämpfer in Jena (0:3) und dem klaren Pokalaus gegen den Bundesligisten SC Freiburg (0:4) folgte eine starke Reaktion der Elf von Cem Efe. Im Pokal gegen Kolkwitz (4:0) und in der Meisterschaft gegen Lok Leipzig (2:0) kam man zu jeweils klaren Erfolgen. Die gegenüber der Vorsaison punktuell veränderte Mannschaft überzeugt fußballerisch und physisch. Gelingt es auf dem Teppich zu bleiben und Konzentrationsmängel abzustellen, ist ein Vorrücken in die Spitzengruppe der Regionalliga-Staffel Nordost möglich.