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Franks Reisetagebuch - oder Die Reise, deren Weg nur Allah kannte
Mit dem Zug durch Europa (Slowakei - Ungarn - Schweiz - Italien - Baskenland - Galicien - Portugal - Schweden - Dänemark)

01.09.2001 Slowakei - Türkei 0 : 1

Die Slowaken waren sehr bemüht, insgesamt aber harmlos. So gewannen die Türken nicht unverdient durch ein Tor von Hakan Sükür in der 35. Minute 1 : 0. Selbiger konnte es sich in der zweiten Halbzeit sogar leisten, einen Elfmeter zu verschießen. Dessen Ausführung nannte der Eurosport-Kommentator "A-Touch to arrogant". Unter den 8.723 Zuschauern waren reichlich 1.000 Türken, die den besseren Support zu Stande brachten. Die Slowaken hatten außer ein paar Pyros am Anfang und zwei mit Jugendlichen besetzten Fan-Blöcken nicht viel zu bieten. Nach dem Spiel soll es noch ein paar kleinere Scharmützel gegeben haben, deren Zeuge ich aber nicht wurde. Unter den Slowaken fielen mir einige Freunde der 3. Halbzeit auf, mit den sehr sinnigen T-Shirts "Pressburg-Hooligans". Für knapp 10 DM war es ein preiswertes aber nicht umwerfendes Vergnügen. Zweifellos hatte ein Kumpel von mir an diesem Tag in München das bessere Spiel erwischt.
Am nächsten Tag gab ich mir Pferderennen und einen Altstadtbummel. Diese wird gerade historisch aufgepäppelt und nimmt der Stadt somit seine realsozialistische Hässlichkeit.
Weiter ging's nach Budapest.

05.09.2001 Ungarn - Rumänien 0 : 2

Ungarns Metropole hat sicher viele touristische Sehenswürdigkeiten zu bieten. Aber welchen Fußballfan interessiert das wirklich?! So gibt es doch jede Menge andere Fußballstadien. Diese befinden sich meist in dubiosen Vorortgegenden und deren Gemäuer haben jede Menge Geschichten zu erzählen. Zum Beispiel befindet sich gleich hinter der Mauer des Stadions von MTK Budapest, ein in den letzten Jahren erfolgreicher und doch unbeliebter Verein mit jüdischen Wurzeln, der Ground von BKV Elöre. Keine Ahnung in welcher Liga die spielen. Eine große Tribüne erweckte den Anschein, als ob an ihr seit 50 Jahren nichts mehr gemacht wurde. Erschüttert war ich vom Anblick des Stadions von Kispest - Honved. Diese Mannschaft stellte den größten Teil der legendären 50er-Jahre-Nationalmannschaft. Heute ist das Stadion ein Symbol für die Misere des aktuellen ungarischen Fußballs. Das Sportforum in Hohenschönhausen hat in etwa die gleiche Grösse, ist aber dagegen fast ein Schmuckkästchen. Ganz nett anzuschauen war noch die Spielstätte des Eisenbahnervereins BVSC. Moderneren Ansprüchen genügt da schon der All-Seater von Ferencvaros mit 22.000 Plätzen. Im Neubau begriffen ist das Stadion von Ujpesti TE, ehemals Dosza Ujpest. Reizvoll war der Anblick auf die Reste der alten Gemäuer, das neue hingegen sah doch etwas verwechselbar aus. Wer einen ähnlichen Stadionrundgang plant, dem sei hiermit die Lektüre des englischsprachigen Rough Guide "European Football" wärmstens empfohlen. (Kaufpreis der aktuellen Ausgabe ca. 13 Pfund).
Nun ist es etwas fad, sich nur leere Stadien anzusehen. Der Besuch des U21-Spiels scheiterte aber an meinem späten Aufstehen und der frühen Anstoß-Zeit. Am Dienstag um 16.30 Uhr fand dieses Spiel in Kecskemet (knapp zwei Bahnstunden von Budapest entfernt) statt, und endete vor 5.000 Zuschauern 3 : 1 für Rumänien.
Gemessen an den Erwartungen war dann das große Spiel ziemlich enttäuschend.
Offiziell 6.000 Zuschauer verliefen sich im weiten Rund des Nep-Stadions (es mögen etwa 10.000 gewesen sein). Trotz der geringen Zuschauerzahl war die Unterstützung für die Magyaren ganz passabel. Die ca. 300 rumänischen Fans wurden am Anfang mit Leuchtraketen beschossen, worauf die Polizei Tränengas einsetzte. Die Lage beruhigte sich nach einer kurzen Knüppelarie. Spielerisch klärte sich die Sache im strömenden Dauerregen durch Tore von Ilie in der 11. und Niculae in der 27. Minute recht schnell. Bis dahin war die ungarische Hintermannschaft faktisch nicht auf dem Platz. In der zweiten Halbzeit hatten die Rumänen keine Lust mehr und die Ungarn brachten nichts zu Stande. Außerdem hätten die Rumänen jederzeit zulegen können. Fortan wurden sie vom ungarischen Publikum unentwegt als Zigeuner beschimpft. Sehr witzig anlässlich eines politisch korrekt ausgedrückten "Sinti- und Roma-Derbys". Zum Schluss noch zwei Hinweise auf Touri-Fallen in Budapest: 1. Wechselstuben, die einen vermeintlich sehr guten Kurs anbieten, jedoch erst ab umgerechnet 2.000 DM (fairer Kurs liegt bei 127 Forint für 1 DM). 2. Lästig häufige Fahrkartenkontrollen in der Metro, beim Umstieg zwischen zwei Linien ist ein Umsteigefahrschein nötig und genau an diesen Stellen lauern die "Öler" auf unwissende Touristen. Sicher ist das schöne Budapest immer noch eine Reise wert, auch wenn die Stadt für uns Ostler den Glanz als Tor zum vermeintlich goldenen Westen verloren hat. Auch verstand ich nach der Reise, warum Ungarn so eine hohe Selbstmordrate hat, da ich noch nie soviel missmutige und unfreundliche Menschen auf einem Haufen erlebt habe.

07.09.2001 Züricher SC - Lausanne 1 : 3 (Eishockey)

Da ich in Zürich noch einen alten Fußballkumpel kenne, entschied ich mich, dort Zwischenstation zu machen. Auch bietet die Schweizer Eishockeyliga etwas besseren Sport als die DEL. Das Züricher Hallenstadion bietet ca. 12.000 Zuschauern Platz und hat außer der Eishockeyfläche auch noch eine Radrennbahn.
An diesem Freitagabend waren 8.440 Zuschauer anwesend. Der Eintritt kostete Drisg Stutz (für nicht Schweizer 30 Franken, etwa 36 DM). Das Spiel langweilte mich eher. Die glücklichen 300 Gästefans machten mehr Stimmung als das einheimische Publikum. Das Ergebnis war fast sensationell, immerhin ist der ZSC der amtierende Meister und die Gäste sind Aufsteiger. Im Schweizer Fernsehen sah ich dann noch die Highlights der anderen Spiele. Bemerkenswert war, dass der Vizemeister Lugano wegen Ausschreitungen im Meisterschaftsfinale vor leerer Halle spielen musste. Der Moderator ließ bei mir Zweifel aufkommen, dass ein Großteil der Schweizer deutsch spricht, denn ich verstand kaum ein Wort. Doch nun wartete endlich großer Fußball auf mich, nämlich italienischer.

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08.09.2001 AS Rom - Udinese 1 : 1

Rom ist eine wunderschöne Stadt, die ich schon zweimal besucht hatte. Doch an diesem Tag ging es nur zum Spiel und gleich wieder zurück. Für eine Kurvenkarte musste ich sogar den Schwarzmarkt bemühen, der mich um 50 DM erleichterte. Dafür gab es großartige Stimmung im mit 55.000 Zuschauern gefüllten Stadio Olimpico. Lästigerweise muss man auf dem Weg zum Stadion an einem großen Mussolini-Obelisk vorbei. Aber wenigstens spielte der sympathischere römische Verein (jeder, ich betone jeder Verein ist sympathischer als Fascho-Lazio) an diesem Abend. Roma dominierte eigentlich das ganze Spiel über, auch wenn Batigol eher enttäuschte. Folgerichtig war auch die 1 : 0-Führung von Tommasi in der 21. Minute. Der völlig unverdiente Ausgleich fiel nach einer Ecke in der Nachspielzeit durch Muzzi, weil die Roma offensichtlich gedanklich schon in der Kabine waren. Lediglich knapp 100 Gästefans aus dem Friaul bejubelten dieses Tor.

09.09.2001 Atalanta Bergamo - Juve 0: 2 und Milan - Fiorentina 5 : 2

Zwei Spiele an einem Tag, in der Seria A, an einem Tag - der Traum eines jeden Groundhoppers. Zunächst ging es nach Bergamo zum Spiel des Aufsteigers gegen Juventus. Die Heimfans verfügen gut sichtbar über eine angenehm linke Gesinnung. Diese sahen aber eher hilflose Gastgeber gegen eine taktisch clevere Juvemannschaft 0 : 2 verlieren. Das mit ca. 25.000 Zuschauern ausverkaufte Azurri bietet im Hintergrund ein eindrucksvolles Alpenpanorama. Nach dem Spiel fiel mir wieder eine Eigenheit des italienischen Fußballs auf. Scheinbar jeder Zuschauer reist zum Spiel mit dem Motorroller an. Beim Abgang vom Stadion ist beinahe die Geschicklichkeit eines Stierkämpfers beim Ausweichen vor diesen Gefährten notwendig. Gleich nach Abpfiff ging's geschwind zum Zug Richtung Mailand.
Dort angekommen machte ich schnell den Jugendherbergsschlafplatz klar. Selbige Herberge befindet sich praktischerweise 15 Minuten zu Fuß vom San Siro entfernt. Wer noch nicht im ehrwürdigen Giuseppe Meazza war, sollte dies schleunigst nachholen. Dieses Stadion kann in einem Atemzug mit dem Santiago Bernabeu von Real Madrid genannt werden und danach kommt erst einmal eine Weile nichts. An diesem Abend wurde auch noch vor 55.000 Zuschauern äußerst attraktiver Fußball geboten. Fußballherz, was willst du mehr. Milan spielte unheimlich abgezockt, pausenlos wurden Zauberpässe aus dem Fußgelenk heraus geboten, die hilflose Fiorentina-Abwehr konnte einem fast leid tun. Lediglich ihrem Stürmerstar Chiesa und der manchmal etwas nachlässigen Milan-Hintermannschaft war es zu verdanken, dass wenigstens zeitweise etwas Spannung aufkam.

10.09.2001 Modena - Napoli 4 : 1

An diesem Tag lernte ich zwei neue italienische Worte "Tutto Esaurito". Der werte Leser wird es schon ahnen, es heisst "total ausverkauft". Dabei war dies lediglich ein Zweitligaspiel und Modena ist erst in diesem Jahr aufgestiegen. Da aber Napoli immer noch viele Fans im ganzen Land hat und Modena die ersten drei Spiele gewonnen hatte, wollten 15.000 dieses Spiel sehen. Ich war schon fast verzweifelt, da geschah etwas Wundersames: Mitdenkende (!) Polizisten (!!). Selbige sahen, dass der Gästeblock nicht überfüllt war und ließen die vorm Eingang wartenden Napoli- Tifosi umsonst ins Stadion. Dafür bekamen sie sogar Applaus (wie rührend). So erreichte ich pünktlich zum 1 : 0 die Kurve.
Anschließend verfluchte ich meine Blase, denn erleichtert musste ich feststellen, dass in der Zeit 2 Tore zum 1 :1 bzw. 2 : 1 gefallen waren. Fortan konnte sich Modena auf das Auskontern der Gästemannschaft beschränken, was noch zweimal erfolgreich gelang. So ließen sie etwa 1.000 Gästefans, von denen allerdings die wenigsten direkt aus Neapel angereist sein dürften, zurück. Der nächste Tag war dann ziemlich ereignisreich. Eigentlich wollte ich via Mailand und Lyon nach Nantes weiterreisen zum Spiel Nantes gegen PSV. Leider verpasste ich in Mailand den Anschlusszug. So entschloss ich, einen fußballfreien Tag in Nizza einzulegen. Abends wollte ich dann das Spiel in einer Kneipe im TV sehen. Doch auf allen Fernsehern liefen nur Menschen weg und nicht hinter Fußbällen her. Am nächsten Morgen kaufte ich mir die französische Sportzeitung. Dort stand 1. dass Nantes gegen PSV 4 : 1 endete und es ein fantastisches Spiel war und 2. dass das Spiel Lille gegen La Coruna stattfinden würde. Also, einmal im TGV knapp 1.000 km von Nizza nach Lille gefahren, um dann vor Ort zu erfahren, dass die nächsten zwei Tage kein Spiel stattfinden würde. Somit fiel auch der geplante Besuch des UEFA-Cup-Spiels Standard Lüttich gegen Strasbourg eigenartigen Religionsauffassungen zum Opfer. Also holte ich mir am darauffolgenden Tag die nächste Überdosis Zug ab. Von Lille ging es nach San Sebastian bzw. Donostia (je nach nationaler Auffassung).

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AS Rom - Udinese

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Atalanta Bergamo - Juve

14.09.2001 Real Sociedad B - Sabadell 2 : 0

Nach Donostia zog mich eher die Schönheit der Stadt. Dass an diesem Tag auch noch obengenanntes Drittligaspiel stattfand, war eher Zufall. Auch zählt das Anoeta nicht zu den besseren Stadien. Zwar ist die geschwungene Dachkonstruk-tion ganz interessant, doch die lästige Laufbahn und die flachen Ränge schrecken eher ab. Außerdem ist das Dach viel zu kurz geraten, denn im Baskenland regnet es sehr oft. So waren die umgerechnet 12 DM nicht besonders gut angelegt, da das Spiel nicht berauschend war und knapp 1.000 Zuschauer logischerweise kaum Stimmung erzeugen konnten. Doch wahrlich großer Fußball wurde am nächsten Tag geboten.

15.09.2001 La Coruna - Athletic Bilbao 1 : 2

Endlich wieder richtiger Fußball, dazu noch sehr guter mit dem richtigen Sieger und danach noch eine erregende dritte Halbzeit. Nach fast 3.000 Zugkilometern inklusive 5 Stunden Verspätung hatte ich mir das auch redlich verdient. Doch der Reihe nach. Beim Anmarsch zum Stadion war alles in trauter Eintracht. Gemeinsam sangen die Afficanados zur Melodie von El Viva Espania etwas, was nach raus aus Spanien klang. Erklärung: Auch die Galizier haben nichts mit dem spanischen Zentralstaat am Hut. Für ca. 23 DM erstand ich ein Ticket hinter dem Tor und platzierte mich bei der Herri Norte Taldea (für Uneingeweihte der harte Kern der jugendlichen Athletic-Fans). Da ich mit einem St. Pauli-Trikot am Start war, wurde ich herzlich willkommen geheißen.
Ein englisch sprechender Athletic-Fan redete das gesamte Spiel auf mich ein. Es war sehr interessant, auf Dauer aber etwas lästig. Seine interessanteste Geschichte: Auf dem Weg zum Spiel Real Madrid gegen Athletic wurde er im Auto von der Polizei angehalten und diese fand unter anderem einen Baseballschläger. Als daraufhin sein Vater befragt wurde, antwortete dieser, dass man nach Madrid natürlicherweise nur so anreisen könnte. Das Spiel war dann eine einzige Offenbarung. Anfangs machte Depor ziemlichen Druck, nachdem aber Julen Guerrero die Zuordnung im Mittelfeld neu sortierte und die Mannschaft aufforderte, offensiver zu spielen, bekam Athletic das Spiel besser in den Griff.
Dies wurde auch in der 35. Minute durch einen sehenswerten Treffer von selbigem Spieler mit der 1 : 0-Führung belohnt. Sieben Minuten nach Wiederanpfiff gelang Urzaiz per Kopfball sogar das 2 : 0. Allerdings hatte der Torwart den vorausgehenden Eckball unterlaufen. Bei den Athletic-Fans gab es nun kein Halten mehr und auch ich befand mich im siebenten Fußballhimmel. Was dann folgte, war druckvolles Anrennen der Heimmannschaft. Der Anschlusstreffer fiel bereits in der 61. Minute durch Tristan. Im Anschluss hatte Depor noch zahlreiche weitere Chancen, aber auch Athletic startete viele gefährliche Konter. Der erlösende Schlusspfiff beendete ein hochklassiges, aufregendes Spiel. Für etwas Aufregung sorgte die "dritte Halbzeit". Die Herri Norte beschimpfte die Riazor Blue als Faschisten, was sie Ende der 80iger Jahre tatsächlich gewesen sein sollen. Dies versetzte selbige in Wut, worauf eine kleine Straßenschlacht mit Pyros, Steinen und Fäusten ausbrach. Die Polizei war erst recht spät zur Stelle und konnte die Herri Norte-Leute letztlich vor Schlimmeren bewahren. Als die Situation schon fast geklärt war, beobachtete ich, wie sich ein Deportivo-Fan von hinten mit einem Stein in der Hand anschlich. Daraufhin machte ich die Polizei auf ihn aufmerksam, woraufhin er auf mich zurannte. Knapp drei Meter vor mir erwischte sie ihn und knüppelte recht heftig auf ihn ein. Als er abgeführt wurde, grinste er mich noch mit blutendem Mund an. Na, das hatte er umsonst. Anschließend genoss ich das Nachtleben von La Coruna. Am nächsten Tag sah ich in der galizischen Sportzeitung Bilder der Verhaftung vom obengenannten Subjekt.

16.09.2001 Compostela - Aurrera 2 : 0

Ausnahmsweise interessierte mich an diesem Tag die Stadt mehr als das Spiel. Santiago de Compostela ist eine Wallfahrtsstadt, da sich in der Kathedrale angeblich die Gebeine des Apostel Jakob befinden. Wer es glaubt, schön für ihn, die Kathedrale ist aber äußerst imposant.
Das Drittligaspiel vor 1200 Zuschauern riss einen nicht von den Sitzen. Die Heimmannschaft, welche einige Saisons in der ersten Liga spielte, dominierte das Spiel. Ein kleiner jugendlicher Fan-Block trommelte und sang das ganze Spiel. War anfangs ganz nett, nervte aber irgendwann.

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18.09.2001 Juventus Turin - Celtic 3 : 2

Wieder gab es eine Mördereisenbahntour: Santiago de Compostela, Hendaye, Paris, Lyon, Turin. Schließlich erreichte ich am Nachmittag des Spieltages den Spielort. Reichlich Celtic-Fans waren am Start, aber auch ein Bus voll St. Pauli-Fans. Aus Angst vor den ach so gefährlichen Celtic-Supportern waren zahlreiche Kneipen geschlossen. Kein Problem, denn ein wahrer Ire findet immer einen Weg zum Alkohol. So ging es bald in gelöster Stimmung zum weit ausserhalb liegenden Stadio della Alpi. Unter den knapp 40.000 Zuschauern waren ca. 5.000 Celtic-Supporter, die durch sehr gute Stimmung zu gefallen wussten. Juventus schoss in der 43. und 55. Minute zwei Tore, faktisch aus dem Nichts. Man glaubte schon an die ohnehin eingeplante Niederlage, doch Celtic konnte durch Petrov und den göttlichen Larssen in der 67. und 86. Minute ausgleichen. Orgiastische Stimmung machte sich unter uns breit, doch wir hatten die Rechnung ohne Helmut Krug gemacht. Dieser fiel auf eine äußerst plumpe Schwalbe herein, so konnte Amoruso in der Schlussminute per Elfmeter das 3 : 2 erzielen. Nach dem Spiel mussten wir noch fast eine Stunde im Block verweilen. Dort traf ich drei Leipziger von Roter Stern. Mit diesen leerte ich noch etliche Biere und verbrachte den nächsten Tag mit ihnen. Erwähnen wollte ich noch, dass ich mit Celtic auch schon beim Qualifikationsspiel gegen Ajax unterwegs war. Dort war es einfach nur geil, 50.000 Zuschauer, 10.000 Celts, 3 : 1 gewonnen, geniale Stimmung schon vor dem Spiel, wer nicht dabei war, Pech gehabt.

19.09.2001 Modena - Perugia 1 : 1

Eigentlich wollten wir uns ein Spiel in Piacenza ansehen, fanden aber keine bezahlbare Unterkunft. So wichen wir auf obengenanntes Spiel aus, was sich als die bessere Wahl erwies. Das Spiel in Piacenza endete 0 : 0 vor etwas mehr als 1.000 Zuschauern. In Modena waren immerhin 4.000 anwesend und die Partie bot Kurzweil. Die Stimmung war ansprechend mit dem üblichen italienischen Ultra-Primborium. Aber eigentlich interessiert sich in Italien keiner so recht für den Pokal. Ich hätte mir an diesem Tag auch Lazio - Nantes ansehen können, wäre aber wieder allein unterwegs gewesen und die Leipziger Gesellschaft war angenehm. Hier endete meine September-Tour. Aber Celtic hatte noch zwei Auswärtsgruppenspiele in der Champions League.

17.10.2001 FC Porto - Celtic 3 : 0

Irgendwie ist 2001 nicht mein Jahr. Während der Septembertour die Spielausfälle Dank Bin Ladens, diesmal ein kleiner Eisenbahnstreik. Ich habe ja nichts dagegen, wenn meine belgischen und französischen Kollegen für ihre Rechte kämpfen, aber doch nicht, wenn Ich in Sachen Fußball unterwegs bin. Durch die streikbedingten Umleitungen und Zugausfälle blieb ich an der französisch-spanischen Grenze hängen. Zum Glück fand ich bei Irun einen Flughafen. Der Flug nach Porto via Madrid kostete mich 500 DM, aber was tut man nicht alles für seine Leidenschaften. Dafür ersparte ich mir die 40 DM Eintritt in Porto. Es wurden keine weiteren Karten an Celtic-Fans verkauft, aber kurz vor Spielbeginn sprang ich über ein nicht besetztes Drehkreuz. So befand ich mich neben den 4.000 Celts. Gleich in der ersten Minute fiel das 1 : 0, fast mit dem Halbzeitpfiff das 2 : 0. Celtic kam einfach nicht ins Spiel, so war das 3 : 0 in der 60. Minute fast folgerichtig. Wenigstens der Celtic-Support war ansprechend. Am nächsten Tag traf ich auf der Zugfahrt nach Vigo zwei Schweizer Groundhopper.

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18.10.2001 Celta de Vigo - Slovan Liberec 3 : 1

Dieses UEFA-Cupspiel sahen sich lediglich 5.000 Leute an, unter ihnen einige Tschechen und ein paar Celtic-Fans. Die Galizier waren die klar bessere Mannschaft und zwei Tore geradezu genial. Wieso Liberec das Rückspiel 3 : 0 gewann, ist mir angesichts dieser Partie unverständlich. Vor der Partie erkundigten wir uns in einem Internet-Cafe, wie Union gespielt hatte. Mit großer Freude nahm ich die 0 : 2-Niederlage zur Kenntnis. Wäre ja noch schöner, wenn die vermeintlich ewig benachteiligten Unioner noch ein richtig schönes Europa-Cup-Erlebnis gehabt hätten. Einen Tag später gab es nur ein portugiesisches Erstligaspiel bei Maritimo, das liegt aber auf Madeira.

20.10.2001 FC Porto - Belenenses 1 : 2, (Boavista FC Porto - Sporting Braga 3 : 0)

An diesem Tag freute ich mich auf zwei Spiele. Um 19.30 Uhr gab es erstgenannte Partie zu sehen. Dafür reichte mein Bargeld gerade noch. Da Das Antas über fast keine Überdachung verfügt, verschwand ein großer Teil des Publikums kurz nach Spielbeginn bei einem Wolkenbruch in den Stadionkatakomben. Da auch ich keinen Wert auf Schwimmhäute legte, ging es mir ebenso. Als der Regen zu Ende war, sah ich gerade noch das 0 : 1. Dies bejubelten ca. 30-Gäste-Fans unter 12.000 Zuschauern. Kurz nach Wiederanpfiff vergab Porto einen Elfmeter, 10 Minuten später gab es das 0 : 2 für die Gäste durch Jose Afonso. Es folgte meist planloses Anrennen der favorisierten Heimmannschaft. Die Wut der Heimfans traf den eigenen Torwart, der mit einem üblen Fehler das 0 : 2 verschuldet hatte. So hörte ich wohl das gesamte Repertoire an portugiesischen Schimpfwörtern. Reisen bildet eben. Zehn Minuten vor Schluss fiel denn doch noch der Anschlusstreffer, so dass die Schlussphase ganz spannend war.
Leider hatte ich nur noch umgerechnet 80 Pfennig einstecken und sämtliche Geldautomaten verweigerten die Auszahlung auf die Visa-Card. Das Geld reichte nicht einmal mehr für den Bus. So musste ich mich zu Fuß auf den Weg zum Boavista-Stadion am anderen Ende der Stadt aufmachen. Zu Beginn der zweiten Halbzeit erreichte ich selbiges, fand aber bei den Einlassern nicht die Gnade des kostenlosen Eintrittes. Durch einen Zaun bot sich mir der Blick auf ca. 50 % des Spielfeldes. So sah ich irgendwie zwei Tore.
Nun gut, den halben Groundpunkt hatte ich ja schon, da Boavista sich 1993 beim Europacupspiel gegen Lazio meiner Anwesenheit erfreuen konnte. Nur war in den letzten Jahren das Estadio do Bessa komplett umgebaut worden. Jetzt ist das Stadion eines dieser üblichen All-Seater. Die Sitzplatzschalen sind in schwarz-weißen Karos angeordnet sowie in der sympathischen Buchstabenanordnung BFC. Schön wäre es, wenn der wahre BFC derzeitig erfolgreich spielen würde wie Boavista. Diese errangen in der letzten Saison ihren ersten portugiesischen Meistertitel. Trotzdem stehen sie im Schatten des FC Porto und dieses Spiel sahen nur 6.000 Zuschauer. Dafür sind die Boavista-Fans dem linken Milieu zuzuordnen, was sie ja sympathisch macht. Außerdem schlugen sie 1993 Fascho-Lazio 2 : 0. Kultig war noch der Anblick eines etwa 60-jährigen kahlköpfigen Mannes im Clockwork-Orange-T-Shirt. Meine Bitte um ein Foto verweigerte er aber mit missmutigem Gesichtsausdruck. Im Hotelzimmer angekommen sah ich nachts gegen 2.00 Uhr im potugiesischen Sportfernsehen einen Bericht über den wahren BFC (Dynamo natürlich). Da müsst ihr Babelszwerge Euch aber noch einiges Renommee erspielen, bis Ihr dahin kommt. Mag die Gegenwart auch trostlos sein, so lebe die glorreiche Vergangenheit. Am nächsten Tag ging es per Flugzeug nach Irun, von dort per Zug weiter nach Hendaye, weiter nach Paris, anschließend nach Köln, von dort nach Hamburg, weiter nach Malmö, von dort nach Stockholm und mit noch ein paar Zwischenstationen nach Trondheim. Im T-Shirt ging’s von Porto los und frierend, fett eingemummelt erreichte ich ca. vier Stunden vor Spielbeginn Trondheim.

23.10.2001 Rosenborg Trondheim - Celtic 2 : 0

Im ausverkauften Lerkendal-Stadion wussten ca. 2.000 Celtic-Fans ebenso wenig zu überzeugen wie ihre Mannschaft. Nachdem die Anfangsoffensive verpufft war, schoss Brattbakk die zwei Siegtore für Rosenborg. Der Name kam einem verdammt bekannt vor, richtig er spielte drei Jahre für Celtic, konnte sich aber nicht so recht durchsetzen. Der Heimsupport war ansprechend, kultig dabei die drei Silben Ro-sen-borg nacheinander von drei Blöcken. Nach dem Spiel ging es im Dauerlauf zum Bahnhof, um den Zug 30 Minuten später noch zu erreichen. Die Rückfahrt war dank weiterer fünf St. Pauli-Fans sehr amüsant. Das Groundhoppergehabe wurde persifliert, für jeden Mist gab es Punkte, wer den Peinlichkeitspunkt bekam, darüber legt sich der Mantel des Schweigens. In Kopenhagen trennten sich unsere Wege, einer fuhr noch weiter nach Glasgow zum nächsten Celtic-Spiel, ein anderer blieb mit mir noch in Kopenhagen.

24.10.2001 Brondby Kopenhagen - Odense BK 2 : 4

Das Stadion von Brondby ist sehr modern und liegt irgendwo im Nirgendwo. Dieses Pokalspiel besuchten 3.790 Zuschauer, davon ca. 30 aus Odense. Das Heimteam dominierte klar, ging 1 : 0 in Führung, vergab anschliessend einen Elfmeter und verlor das Spiel aus der Hand. Den größten Anteil daran hatte ihr völlig indisponierter Torwart. So sahen wir kein hochklassiges Spiel, dafür aber ein sehr lustiges. Anschließend fuhr ich nach Christiania, dem Konsumenten von nicht ganz legalen Drogen sicherlich nicht unbekannt. Die Verkäufer von selbigen sahen fast alle aus wie ihre besten Kunden.

So ging abermals eine kilometer- und erlebnisreiche Tour zu Ende. Vielleicht schafft es Celtic noch, in diesem Leben an die europäische Spitze aufzuschließen, auf das solche Touren auch erfolgreich werden. Übrigens hoffte ich, mit Celtic noch zur nächsten UEFA-Cuprunde zu fahren. Neunzehn potenzielle Gegner lagen in Reichweite einer Tagestour, doch das Los entschied auf Valencia.

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