Fußball in Asien - Teil 3
Mittelasiens, ehemalige Sowjetrepubliken
Aus unserer elitären europäischen Sicht gleichen die fünf ehemaligen asiatischen Sowjetrepubliken einem fußballerischen Niemandsland. Das liegt zum einen an dem mangelnden Medieninteresse an asiatischem Fußball, und zum anderen an der relativ jungen autonomen Entwicklung der zumeist von Muslimen bewohnten Länder und ihrer Fußballverbände. Zudem fehlt es fast überall an Kapital, um professionellen Fußball zu betreiben. Die wenigen “Stars” wandern ab gen russischer und ukrainischer Liga.
Bei meinem Versuch, im Internet mehr über den Fußball dieser Region zu erfahren, stieß ich schnell auf Grenzen. Die brauchbaren Artikel lassen sich an einer Hand abzählen, Internetpräsenz kaum vorhanden...
Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, das in dieser von Gebirgen und Wüsten durchzugenen Gegend das www. nicht so verbreitet ist, sieht man einmal von den Ballungsgebieten um die größeren Städte ab. Doch scheinen andere Probleme ausschlaggebend:
In Usbekistan und Turkmenistan wird das Internet staatlich kontrolliert (z.B. hat nur jeder 100tausendste Usbeke einen Internetanschluß), zudem schützen Filter das “User”volk vor unerwünschten Webseiten.In Kirgistan wurde das Internet von vornherein so teuer gestaltet, daß es sich nur die wenigsten, priviligierten Kirgisen leisten können. Ähnlich ist es auch in Tadschikistan.
Kasachstan, das Land, durch das einst mit dem Uralgebirge die Grenze zwischen Europa und Asien verlief, ist ohne Frage das größte Land (ca. das 5fache von Frankreich). Am bekanntesten vermutlich die Raketen-basis Baikonnur, von der ja erst diese Woche eine Marsexpedition startete.
Der Fußball kam anfang des letzten Jahrhunderts durch die von Rußland aus expandierende britische Firmen und ihren Arbeitern in diese Region. 1913 entstanden bereits erste Vereine in Semipalatinsk und später in Pawlodar, schon bald wurden erste regionale Vergleiche ausgetragen. Nach der großen sozialistischen Oktoberrevolution sollte es in der jungen Sowjetunion sportlich bergauf gehen. Doch fand die Meisterschaft in der UdSSR zwischen 1922 und 1935 nur sporadisch statt, an Stelle von Klubs spielten Auswahlmannschaften größerer Städte. Ab 1936 wurden in den Sowjetrepubliken (zu denen unsere fünf Länder gehörten) Ligen gegründet, die 1.gesamtsowjetische Meister-schaft startete im selben Jahr. Der 2.Weltkrieg setzte dem Spielbetrieb ab 1941 ein jähes Ende. Erst viel später, im Jahre 1959 gründete sich ein neuer Verband in der Kasachischen SSR und bereits ein Jahr später startete das Team der damaligen Republikhauptstadt Kairat (früher Urozhai) Alma-Ata in der obersten sowjetischen Liga. Neben diesem Team, das in Folge 21 Spielzeiten in dieser Klasse verweilte, bekamen nur wenige Mannschaften der Region (Usbekistans Pachtakor Taschkent und der tadschikische Vertreter Pamir Duschanbe) die Gelegenheit erstklassig zu spielen zu dürfen. Wie in allen fünf Staaten, die 91 in die Unabhängigkeit entlassen wurden, ging auch in Kasachstan 1992 eine eigene Liga plus Pokalwettbewerb an den Start. Ebenso wurden die neuen Verbände Mitglied des AFC (Asian Football Confederation). Kasachstan beendete jedoch vor zwei Jahren die dortige Mitgliedschaft und trat im April 2002 der UEFA bei.
Landesmeister Zhenis Altana und Vize Kairat Almaty (ehem. Alma-Ata) starteten als erste kasachischen Teams im Europacup, mussten aber schnell dem Leistungsunterschied Tribut zollen. Kairat bekam es im UEFA-Cup z.B. mit Roter Stern Belgrad zu tun und verabschiedete sich sogleich torlos. Ein Problem dabei, die auf Grund der kalten Wintermonate von Frühjahr bis Herbst ausgetragenen Spielzeiten. Der aktuelle Meister kann so immer erst ein 3/4 Jahr später in den EC eingreifen. Neben Kairat Almaty und Zhenis Astana sind Teams wie Irtysch Pawlodar und Yelimai Semipalatinsk sportlich am weitesten entwickelt. Allein diese beiden Teams entschieden 7 der 11 bisher ausgetragenen Championate für sich. Die Kasachische SuperLeague geht mittlerweile wieder mit 17 Teams an den Start, der letztjährige Versuch mit 12 Teams mehrere Runden auszuspielen, scheiterte kläglich.
Fußball-Gott der Nation ist unbestritten, der hier wohl eher unbekannte, Oleg Litvinenko (derzeit bei Yelimai), der vor seinem Engagement bei Larnaca auf Zypern schon für die Konkurrenz aus Pawlodar und Almaty auflief.
In Sachen Nationalmannschaft erhofft man sich mit der Verpflichtung des russischen Trainers Leonid Pakhomov (im Dezember 02) den richtigen Mann an der Seitenlinie, um die Qualifikation für die WM 2006 in Deutschland zu schaffen. Durch den späten Beitritt konnte man nicht mehr am laufenden Wettbewerb zur EM teilnehmen. Erste Tests gegen Sigi Helds Malta wurden bereits knapp verloren - da fehlten jedoch die Legionäre. Mit ihrer Integration soll ein starkes Team aufgebaut werden. Wäre bestimmt ein guter Stolperstein für unsere Rudi-Elf.
Das südlich an Kasachstan und den Aralsee grenzende Usbekistan gilt fußballerisch als am fortschrittlichsten. Mannschaft der Stunde ganz klar das Team Pachtakor Taschkent mit der Usbekischen Fußball-Legende Mirdjalal Kasimov. Pachtakor scheiterte bei der in dieser Spielzeit zum ersten Mal ausgetragenen Asiatischen Champions League erst im Halbfinale am Thailändischen Meister BEC Toro Sasana und verpasste damit ganz knapp die große Sensation. Zuvor warf man vor 45000 Zuschauern den Iranischen Meister Pirouzi und Iraks Champion Al Talaba (vor 55000 feiernden Fans) aus dem laufenden Wettbewerb. Das zweite Halbfinale bestreiten z.Zt. der vom WM-Erfolgscoach Bruno Metsu trainierten Verein Al Ain aus Dubai und Chinas Meister Dalian Shide.
Neben Pachtakor (= Baum-wollanbau) und Dutlik (=Freundschaft) Taschkent zählt Neftschi (Ölgewinnung) Fergana zu den Top Klubs Usbekistans. Neftschi Fergana gelang es in den letzten 11 Jahren der unabhängigen Usbekischen Liga fünf Mal den Titel einzufahren und startete neben Pachtakor zuletzt in der Champions League.
Neben Kasimov gilt Maxim Shatikh, seines Zeichens Stürmerstar und Schewtschenko-Nachfolger bei Dinamo Kiev, als Pop -Idol Usbekistans, falls man so etwas überhaupt sagen kann.
Im benachbarten und zu 80 % von Wüste bedeckten Turkmenistan teilen sich wie zumeist im Vorder - und mittelasiatischen Raum die Hauptstadtvereine (in diesem Fall Aschgabat) die Titel untereinander auf. Da nur 10 Teams in der ersten Liga spielen - wird zwischen April und Oktober je 2x gegeneinander gespielt. Der Tabellenletzte trägt anschließend noch ein Relegationsspiel gegen den Ersten der Amateurliga um Auf - bzw. Abstieg aus.
Aktueller Meister wurde im letzten Jahr erstmals ein Team vom Kaspischen Meer: Shagadam Turkmenbaschi. Turkmenbaschi heißt soviel wie Anführer der Turkmenen, ein Titel den der Turkmenische Staatspräsident Nijasow ebenfalls gern für sich in Anspruch nimmt. Der Ex-Kommunist und Diktator führte das Land nach dem Zerfall der SU in eine Scheindemokratie, in der er keine weiteren Parteien, vor allem keine Islamisten, neben sich zulässt. Seine Zeit als Staatsoberhaupt hat er selbst auf Lebenszeit festgelegt. Inwieweit er vereinstechnisch a la Berlusconi oder Mielke seine Finger im Fußballgeschäft hat, ließ sich leider nicht herausfinden. (Vielleicht weiß es ja einer von euch?)
Das kleine Tadschikistan ist das ärmste Land aller UdSSR Nachfolgestaaten. Die Haupstadt Duschanbe (heißt soviel wie Montag und wurde nach dem dort früher Montags stattfindenden Markt benannt) galt lange Zeit als Zentrum des tadschischen Ballsports. Traditionsreichster Klub ist ohne Frage Pamir Duschanbe. Von 1989 bis zum Ende 91 spielte man in der 1.sowjetischen Liga und übernahm anschließend sofort die führende Rolle in der seit 92 laufenden Tadschikischen Liga. Durch ständige finanzielle Probleme der meisten Vereine variiert die Anzahl der Teams in dieser Klasse von Jahr zu Jahr. Laut Länderinfo leben in Tadschkistan 96 Prozent der Bevölkerung unter dem Existenzmini-mum. Eine Ursache dafür ist der lange Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und Islamisten. Auf Grund dieser Probleme suchen die besten Tadschikischen Fußballer ihr Glück im Ausland. Zu den bei uns bekanntesten gehört der in Duschanbe geborene Sergej Mandreko, der ja schon für Bochum und Hertha in der Bundesliga auflief. Heute ist Mandreko Östereichischer Staatsbürger, fernab des Schicksals seiner Landsleute. Andere Beispiele sind Rashid Rahimov (Trainer Admira Wacker), Cherevtchenko (Lok Moskau), Salzman (Zenit St. Petersburg), Avakov von Torpedo Moskau und und und.
Und auch international ist der Tadschikische Fußball noch weit entfernt von der vorderen Reihe Asiens. Bei der Qualifikation zur WM 2002 scheiterte man am Iran, in der kommenden Quali für den Asien Cup 04 steht man in Gruppe A den starken Usbeken und Thais gegenüber. Ein vorzeitiges Aus scheint vorprogrammiert.
Solche Gedanken macht man sich in Lande Aitmatovs, in Kirgisistan erst garnicht. Im März verlor die Nationalmannschaft in Nepal in der Vor-Qualifikation zum selbigen Asien Cup gegen Fußballzwerg (“jaja, ich weiß, ein Unwort in Babelsberg”) Afghanistan und schied aus. Ab uns zu gelingt den Kirgisen - Platz 168 der FIFA Weltrangliste - mal ein Achtungserfolg gegen eine vermeintlich stärkere Nation, wie der Sieg in Singapore vor zwei Jahren. Ansonsten ist sehr wenig über den Rasensport der Gebirgsrepublik bekannt. So können sich die Spieler zumindest international anbieten, wie das bei Verpflichtungen von Teams aus Indien oder Russland der Fall ist.
Die 10köpfige Liga besteht fast ausschließlich aus Teams der Hauptstadt Bischkek (früher Frunse). Derzeit dominiert neben dem Team SKA PVO Bischkek noch ein Team von der entfernten chinesischen Grenze: Jashtyk AK Altyn Karasai.
Wer Infos zu diesem Thema hat, kann dies gern an unsere Internetadresse abseits03@gmx.de senden.
Falko