+++ Der etwas andere Reisebericht +++
(Ähnlichkeiten mit existenten Personen sind nicht zufällig, sondern beabsichtigt)
Es begab sich am 12.10. letzten Jahres, dass fünf Getreue des SVB 03 die nicht allzu weite Reise in die heimische Städte der bekanntesten tierischen Stadtmusikanten des Okzidents antraten, um der versammelten Prominenz der GrünWeissen B-Truppe auf dem Platz 11 die Punkte zu stiebitzen, bzw., da man des Sieges vorher nicht gewiß sein konnte, dem damaligen noch recht neuen Spielerbändiger Sandhowe zumindestens Unterstützung und Begeisterungsfähigkeit zuzusichern...
Der Ausgang ist bekannt: Sandhowe ist nicht mehr Trainer, aber am damaligen Spieltage blitzte noch einmal so etwas wie Magie und Spielwitz bei den unsrigen Blauweißen auf und man kämpfte Bremen nieder.
Nur ärgerlich, dass ich dieses nicht miterleben durfte. Nein, nicht dass ich die Abfahrt der anderen vier Gefährten verpasste...Nein, ich schlief auch nicht an einer Raststätte ein oder fiel in die Weser...Nein, auch die Ankunft von Heiko März verschreckte mich nicht so sehr, dass ich den Platz 11 nicht mehr fand...Nein, auch Loris Tor durfte ich noch miterleben und auch der Rauchwolken durfte ich (ungewollt) durch inhalieren habhaft werden...Auch die durchaus leckere (zweite) Stadionbratwurst wurde in der Halbzeitpause vertilgt...Und doch, dem Ende des genialen Spieles konnte ich nur aus weiter Entfernung gewahr werden....Was kann also passiert sein ? Hab ich freiwillig nach dem 2:1 für Bremen das "Stadion" verlassen ? MITNICHTEN !!!!
Und warum schreibe ich jetzt diesen komischen Text ? Nun, es hat mal wieder was mit Ordner- und Polizeiwillkür zu tun, aber auch damit, wie man sich eventuell dagegen wehrt. Darum lest selbst.
Also, das Erfreuliche zuerst: Die Bremer Staatsanwaltschaft hat mir nach halbjähriger Ermittlungszeit heute endlich einen Einstellungsbescheid zugeschickt. Begründung: Kein hinreichender Tatverdacht wegen gefährlicher Körperverletzung !!! Verfahrenseinstellung !!!
Nun, dafür hab ich selbst recherchieren und Anwaltskosten ausgeben müssen, aber ich denke, es hat sich gelohnt...
Aber zurück zur Story: Also, man purzelte in Bremen aus dem Auto, bei schönstem Sonnenschein, aber doch niedrigen Temperaturen, besichtigte das Gelände, um letztendlich Einlass gewährt zu bekommen. War auch alles kein Problem: Penible Kontrolle meiner Person und schon hatte ich Zutritt zum Sportplatz Nummer Elf in Bremen. Schnell noch eine leckere Bratwurst (oh Mann, das haben die dort echt drauf) und schon konnte das Spiel losgehen. Doch halt, nicht für einen Babelsberger Fan, der die eigenen Fans zu photographierte. Dieser wurde kommentarlos von einigen Ordnern Richtung Ausgang gedrängt, weil er angeblich genau diese abgelichtet hätte, wohlgemerkt aus zwanzig Meter Entfernung mit ner Billigkamera. Nun, da ging man natürlich noch frohen Mutes dazwischen und darüber erschrocken erzählten die Ordner etwas von Persönlichkeitsrechten und einem Verbot des Photografierens von Ordnungskräften, welches angeblich in der Stadionordnung verankert sei (war es aber nicht) usw. Soweit ganz richtig, klärte man sie auf, nur bestände eben bei Ordnern nur der "normale" Rechtsschutz, also: Photographieren erlaubt, jedoch keine unerlaubte Veröffentlichung... Dies bestätigte ein herbeigeholter Zivivopo, der sich das Lachen nicht verkneifen konnte. Unverrichteter Dinge zogen die vollkommen in schwarz gekleideten Ordner wieder ab, anscheinend aber doch etwas verärgert.
Nun, es war nicht das letzte Aufeinandetreffen.
In der Halbzeitpause trabt man seit Alters her auf die Toilette. Diesem Brauchtum wollte ich mich nicht widersetzen. Als ich das Feuchtbiotop wieder verließ, wurde ich dem Umstand gewahr, dass einer der Ordner (ein sehr markanter, weil ungefähr 2 Meter großer), der auch schon an der Foto-Aktion beteiligt war, einem Babelsberger Fan verbal und deutlich vernehmbar Prügel androhte. Daraufhin sprach ich ihn an und wollte seine Personalien wissen. Nun, er suchte seine Zuflucht in einem anderen für mich nicht zugänglichen Stadionbereich. Ich vergaß die Aktion für diesen Moment. Er anscheinend nicht...
Nun, es ist bekannt, dass an demselben Tag einiges an Rauchpulver und mehrere Fackeln gezündet wurden. Nur, nicht von mir. Da sprechen schon meine Bequemlichkeit und die Aufregung allein bei dem Gedanken daran dagegen.
Trotzdem bin ich ein Befürworter des wohldosierten ! Pyroeinsatzes !!! Das soll mal klargestellt sein !!! Ich nehme für eine geile Show durchaus schlechte Sicht und ein bisschen Gestank in Kauf.
Wie auch immer...Nach dem Abfackeln gab´s ne ziemliche Rennerei im Block. Nun, das Risiko des Abfackelns ist den Ultras ja bekannt und daher mischte ich mich nicht weiter ein.
Nach einigen Minuten war wieder alles ruhig und man verfolgte das Spiel, jedenfalls so lange, bis sich die Hände des schon erwähnten markanten ZweiMeterOrdners um mich schloßen (genauer gesagt um meinen rechten Arm/Schulter) und er mich unsanft in Richtung Ausgang trieb. "Was denn nu ?" dachte ich bei mir und verlangte lautstark Aufklärung, die ich aber nicht bekam. Stattdessen ein Grinsen und die Mitteilung, ich würde schon noch früh genug erfahren, was denn Sache wäre. Naja, man hat sich ja nichts zu Schulden kommen lassen. Also ging man reinen Gewissens mit dem Schergen mit.
Das führte dann dazu, dass ich mich nach 10 Minuten und ziemlich überrascht vor dem Stadion befand. Diagnose: Ich wäre der Übeltäter, hätte also das ganze Rauchpulver gezündet und überhaupt. Das Geilste dabei war die Aufklärung über die Eröffnung einer Strafanzeige gegen mich durch den Polizeikommissar S., der alleinig auf die Zeugenaussage des beteiligten Ordners hin handelte. (Wie dann aus den Akten ersichtlich wurde, deren Einsicht ich später beantragte.)
Mir schwante Böses. Nicht nur, dass ich das Spiel und dessen genialen Ausgang verpasste. Nein, auch ein Stadionverbot war in greifbare Nähe gerückt. Super Ausflug !!! Alle feierten, nur ich stand bedröppelt da und versuchte, den vermeintlichen Konsequenzen ins Auge zu blicken. Ich sah mich schon mit bundesweiten Stadionverbot die Plätze der Kreisklassen aufsuchen.
Also, so dachte ich, sowas darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen und es muß gehandelt werden.
Als erstes fertigte ich am nächsten Tag ein Gedächtnisprotokoll an. Das ist immer sehr hilfreich, um sich später, auch bei Vernehmungen, an Einzelheiten erinnern zu können. Dieses empfahl ich auch potentiellen Zeugen, die aussagen konnten, dass ich auf keinsten Fall der Entzünder des Pulvers war. Nun, da ich besonders erzürnt über das vollkommen willkürliche Verhalten des Ordners war, der mich m.M. nach wissentlich denunzierte, wollte ich natürlich auch etwas in diese Richtung unternehmen. So beschloss ich: Ich zeige diesen Menschen an, wegen Übler Nachrede, Falschaussage, Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung. Gesagt getan. Meinen Anwalt aufgesucht und das Ding aufgesetzt, bevor überhaupt eine Anzeige an mich gerichtet werden konnte. Mich erzürnte es besonders, dass ein Mensch der eigentlich für die Sicherheit zuständig ist und Verantwortung trägt, vollkommen willkürlich Personen belasten kann. (nun, vielleicht bin ich auch einfach naiv und es ist längst gängige Praxis?)
Danach ging alles ziemlich schnell. Erst bekam ich eine Nachricht der Staatsanwaltschaft Bremen, dass gegen mich ermittelt würde, wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung und wenig später erhielt ich die Aufforderung, in Potsdam zur Vernehmung zu erscheinen. Der kam ich natürlich NICHT nach. Ich kann nur allen empfehlen, vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, Akteneinsicht zu beantragen und sich bei der Staatsanwaltschaft oder der Polizei, wenn überhaupt, schriftlich zu äußern. Diese Äußerungen sollten aber mit einem Anwalt oder jemanden der sich in der Materie auskennt, abgesprochen sein. (ist allerdings nur meine Auffassung. Da gibt´s bestimmt auch Experten, die das anders sehen)
Und nun wurde es "lustig" (nicht wirklich lustig, sondern eher traurig). Die Akten wurden zur Einsicht aus Bremen übersandt. Und was da drin stand, spiegelt wieder, wie man mit Fußballfans glaubt, umgehen zu können. Als erstes fand sich ein Kriminaltechnisches Gutachten als Beweismittel angeführt. Ausstellungsdatum 12.06.2001. AHA !! Mehr als EIN Jahr VOR unserem Spiel !!! Das damals aufgefundene Pulver war zwar nicht giftig, aber gesundheitsschädigend. Nur, wie man von diesem einen Fall auf die Ermittlungen gegen mich ein Jahr später schließen kann und daraus eine gefährliche Körperverletzung konstruieren wollte, das ergibt sich wohl nur für die Staatsanwaltschaft Bremen.
Dem schloß sich die Aussage des Beamten an, der aussagte, allein aufgrund der Beschuldigungen des Ordners K. gegen mich Ermittlungen eröffnet zu haben.
Also wurde zur Gewißheit, was ich schon am Spieltag vermutete. Das Zuflüstern des Ordners zum Beamten bedeutete ein Denunzieren meiner unbeteiligten Person.
Dieser ZweiMeterOrdner sagte in seiner Zeugenvernehmung aus, mich zweifelsfrei identifiziert zu haben und mich unverzüglich dem Polizeikommissar übergeben zu haben. Originalzitat : "Wir standen seitlich von den Fans, mit Blickrichtung zu diesen. Am Zaun zum Spielfeld beugte sich ein junger Mann in Richtung Boden. Unter ihm sah ich etwas brennen. Auf Grund dessen sind wir, ..... und ich, zu dem jungen Mann und dem Feuer gegangen....Die nächsten Fans standen in etwa ein bis zwei Meter von dem Rauchpulver entfernt. Das Rauchpulver kann nur von dem jungen Mann gezündet worden sein, den wir ihnen anschließend übergeben haben."
Na mal sehen, was sein Kollege gesehen hat, dachte ich mir:
"Ich war am Tattag als Ordner auf Platz 11 eingesetzt. Dort sammelte sich im Bereich der Babelsberger Fans eine Gruppierung, etwa eineinhalb Meter vom Trennzaun entfernt. Da wir Ordner den Verdacht hatten, dass dort etwas passieren wird, behielten wir den Bereich im Auge.Ich drehte mich um zu .... und sagte "Gleich wird etwas passieren" Als ich wieder zurück in Richtung der Gruppierung blickte, stieg auch schon Rauch auf. Dadurch, das ich mich umgedreht hatte, konnte ich das Anzünden des Rauchpulvers nicht sehen. Ich sah eine Person hochspringen, Papierschnipsel wegwerfen und noch einen Gegenstand, den ich nicht erkennen konnte. Da alle anderen in der Nähe befindlichen Personen standen, kann nur die aufspringende Person das Rauchpulver gezündet haben. Dann rannte die Person weg....Aufgrund der bis heute vergangenen Zeit kann ich die Person nicht mehr beschreiben und würde sie auch nicht wiedererkennen."
Soweit so gut. Ich denke mal, das hätte für eine Anklage gegen mich nicht gereicht. Glücklicherweise gibt´s aber zudem Photos, auf denen ich, aus verschiedenen Blickrichtungen photographiert, mit nem Becher Bier in der Hand 7-8 Meter entfernt stehend zu sehen bin, und ich weder Papierschnipsel schmeisse, noch renne, noch sonstiges von den Ordnern Beschriebenes tue. Selbst 5 Minuten später als ein Mob von Ordnern im Block stand und ich nach der Aussage der Ordner schon der Polizei übergeben worden war, stand ich an dem selben Ort und wurde dabei auch noch photographiert. Von einer sofortigen Übergabe an den Polizeikommissar kann also keine Rede sein. Nun, wie gesagt, die Ermittlungen gegen mich sind eingestellt und die Photos wurden vom mir kommentarlos nach Bremen eingeschickt. (ob sie allerdings der Einstellungsgrund sind, weiß ich nicht )
Nun, warum handelte dieser Ordner so eklig ?? Nun, vielleicht lag´s an meinem St.Pauli- Schal ? Daran, dass er bei früheren Einschüchterungsversuchen gestört wurde ? Ich weiß es nicht, was aber nervt, ist die Tatsache, dass mir dieser Scherge die Auswärtsfahrt komplett versaut hat. Zudem muß ich mich wohl oder übel bei dem Verein Werder Bremen bedanken, die durchaus ein sofortiges Bundesweites Stadionverbot beantragen und wahrscheinlich erfolgreich hätten durchsetzen können. Eine Schadensersatz-forderung wegen der Eintrittskarte und den Spritkosten hab ich dem Verein trotzdem übersandt und bin gespannt auf deren Reaktion.
Das für mich Schockierendste ist allerdings, dass alleinig die Aussage dieses einen Menschen, d.h. des Ordners, bei etwas ungünstigeren Bedingungen blöde Folgen für mich hätte haben können. Deshalb erstmal ein Großes Dankeschön an die beiden Photographen, die mir ihre Bilder zur Verfügung gestellt haben und ein DankeSchön an die Bereitschaft der Zeugen, die meine Entlastung ermöglichten.
Wütend bin ich trotzdem immer noch und ich warte mal den Ausgang des Prozesses gegen den Ordner ab. (Ja, nicht nur ich, sondern auch einige andere Babelsberger Fans wurden als Zeugen vorgeladen in dem von mir angestrengten Verfahren. Allerdings bezweifle ich, dass eine wie auch immer geartet Schuld festgestellt wird. Man darf gespannt sein.)
Allerdings habe ich für mich (vielleicht auch für andere ??) aus dieser Begebenheit einige Verhaltensregeln für ähnliche Vorfälle abgeleitet: Bei Übergriffen durch Ordner oder Polizisten gilt es: - Sich nicht einschüchtern lassen. - Alle Anschuldigungen immer ernst nehmen. - Öffentlichkeit schaffen (Rufen o.ä.). Nur so verschafft man sich Zeugen.- Gedächtnisprotokolle so bald wie möglich anfertigen. - Vom Zeugnisverweigerungs-recht Gebrauch machen.- Akteneinsicht beantragen.
Zudem solle man nicht zögern, gegen solche Leute auch juristisch vorzugehen. Eine Anzeige bei der Polizei kostet nichts (auch wenn sie in den meisten Fällen nichts bringen wird)
Tja, zu guter Letzt: ich hoffe, wir halten die Klasse. Denn dann fahren wir nächstes Jahr wieder nach Bremen und ich weiß, wem ich hundertprozentig eine lange Nase zeigen werde.
Carlito