Das Wunder ist zu Ende!
Das war's dann wohl vorerst mit dem kleinen Stadtteilverein aus Potsdam. Vorerst wird unser Lieblingsverein von der Bildfläche des regionalen und überregionalen Fußballs verschwinden. In der Oberliga geht es wie zuletzt vor 6 Jahren gegen Berliner Klubs ala Lichtenberg, Reinicken-dorf oder Lichterfelde und gegen die Mannschaften vom Land wie die Optiker aus Rathenow oder gegen Neuruppin. Die vierstelligen Zuschauerzahlen werden dann wohl nur noch bei Heimspielen erreicht. Traurig aber wahr.
Nun ist Nulldrei nicht der erste und einzige Verein, dem dieses Schicksal droht. Auch andere Vereine wie TeBe oder Waldhof Mannheim stehen vor dem wirtschaftlichen Bankrott und dem sportlichen Abstieg. Allerdings sind die Gründe in Babelsberg wie wohl auch anderswo mehr hausgemacht als fremdbestimmt.
Neben dem unbestritten schlechten gesamtwirtschaftlichen Umfeld haben in Babelsberg Fehleinschätzungen der sportlichen und wirtschaftlichen Lage sowie die desaströse (nicht deströse) Kommunikation in den Leitungsgremien die wichtigste Rolle gespielt. Vom Insolvenzverwalter wird berichtet, daß er von jedem Babelsberger Vorstandsmitglied eine andere Einschät-zung der Ursachen für die Insolvenz erhalten hat und letztlich alles als eine Verkettung unglücklicher Umstände dargestellt wird. Niemand könne wirklich etwas für die Insolvenz. So auch unser Ex-Manager Oskar Kosche im ORB.
Tatsächlich scheint es trotz ständiger Treffen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand keine echte Information über die tatsächliche Lage des Vereins gegeben zu haben oder aber die Mitglieder in den Leitungs-gremien haben die möglicherweise vorhandenen Warnungen einfach in den Wind geschrieben. Der jetzige Interimsvorstand Herr Levin behauptete auf der Krisensit-zung im Babelsberger Rathaus, man wüßte nicht so genau, welche Schulden ("so ca. 1,5 Mio Euro incl. Stadionmillion") der Verein hätte, weil es keinen Kassenwart gibt.
Ich habe für meine Haushaltskasse auch keinen Schatzmeister, trotzdem weiß ich, wieviel drin ist und bei wem ich noch offene Rechnungen zu begleichen habe. Tatsächlich, so wird es zumindest vermutet, sollen sich die Verbindlichkeiten incl. Stadionmillion zwischen 2,5 und 2,7 Mio Euro bewegen.
Im Zusammenhang mit dem Rückzug des Lizenzantrages für die Regionalligasaison 2003/04 wurde behauptet, der Verein hätte gar keine Unterlagen einreichen brauchen, weil er schon Ende 2002 vor der Pleite stand. Tatsächlich ist es doch wohl so, das der Verein seit 1998 ständig vor dem wirtschaftlichen Aus stand. Wie konnte es vor diesem Hintergrund dazu kommen, daß die Chance 2. Bundesliga nicht wie geplant zur Schuldentilgung genutzt wurde. Strategie sollte nach Aussage des damaligen Präsidenten Kaminski (und nach Beschluß der Mitgliederversammlung) die Konso-lidierung des Vereins sein. Mit der Verpflichtung zahlreicher neuer Spieler während der Saison (insgesamt 7) und Trainer (2) wurde der Grundstein für die Insolvenz gelegt. Baluschinski soll nach Gerüchten 25.000 DM Grundgehalt / Monat und 3.000 DM Auflaufprämie pro Spiel erhalten haben. Selbst wenn davon Sponsoren und/oder der Ex-Verein einen Teil übernommen haben sollten, so sind solche Summen für einen Konsolidierungs-kurs einfach unangemessen. Auch gegenüber den anderen Spielern.
Der Jahresabschluß 2002 soll ein Defizit von 770.000 Euro aufweisen. Operatives Geschäft wohlgemerkt. Wenn man dieses Minus gleichmäßig über 12 Monate verteilt ergeben sich monatliche Miese von 64.000 Euro Spätestens Ende Januar 2002 müssen die Alarmglocken geklingelt haben. Wie kann man dann noch vier neue Spieler und einen neuen Trainer verpflichten?
Vielleicht wurden ja all diese Fragen auf der Mitgliederversammlung geklärt und vor allem festgestellt, wer für die Katastrophe verantwortlich ist. Tatsache ist jedenfalls, daß unser Vorstand und Aufsichtsrat sich offensichtlich lieber mit 100 Euro, 500 Euro oder 1.000 Euro Strafe wegen Pyrotechnik beschäftigt haben als mit den wirklich wichtigen Dingen.
Nun gilt es den Blick nach vorn zu richten. Dieser Artikel ist vor der Mitgliederversammlung entstanden und beleuchtet sicher nur einen kleinen Ausschnitt der Themen die dort hoffentlich verhandelt wurden. Vielleicht wurde auch die eine oder andere hier geäußerte Vermutung widerlegt. Für die Zukunft dürfte eins klar sein: wenn es nicht gelingt, die handelnden Gremien des Vereins so zu besetzen, daß mit offenen Karten gespielt wird und Entscheidungen transparent und nachprüfbar gefällt werden, dann wird der SV Babelsberg 03 e.V. in absehbarer Zeit wiederum vor einem existentiellen Problem stehen.
Die fehlende bzw. mangelhafte Spendenbereitschaft zeigt, daß Fans und Mitglieder in die derzeitige Vereinsführung kein Vertrauen haben. Und auch der Insolvenzverwalter sollte sich gut überlegen, ob es schlau ist mit einem Etatvolumen zwischen 300.000 Euro und 700.000 zu jonglieren, um dann ein paar Tage später festzustellen, daß es ziemlich schwierig ist einen Etat in dieser Höhe zu realisieren und feste Zusagen von Sponsoren zu bekommen. Dies erinnert fatal an die Informationspolitik von Dr. Macht Schulden.
Für die Fans gilt es nach dem Absturz in die Oberliga sich verstärkt in die Vereinspolitik einzumischen. In der Krise liegt immer auch eine Chance und die ist im Moment gerade gegeben. Deshalb: Never forget - drei zu zwei !!!!!!
Horst Schmidt
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